Kinder Schutz

Woran erkenne ich, dass ein Kind Hilfe braucht?

Kinder und Jugendliche sind davor zu bewahren, dass sie in ihrer Entwicklung durch Vernachlässigung, Mussbrauch oder Gewalt schaden erleiden.

Es liegt in der Verantwortung der Gesellschaft darauf zu achten, dass es Kindern gut geht und sie sich altersgerecht entwickeln können. 

Rechtzeitiges Handeln, insbesondere bereits bei Erkennen von Gefährdungstendenzen, ist dringend erforderlich.

Kinder werden in der Gesellschaft übersehen und ihre Bedürfnisse nicht wahrgenommen. Dies liegt in erster Linie daran, dass sie – je nach Alter – noch nicht die Möglichkeit haben, für sich einzustehen und auf Missstände im Umgang mit Kindern und Jugendlichen aufmerksam zu machen. Besonders Babys und Kleinkinder sind auf die Fürsorge und Geborgenheit von Erwachsenen angewiesen. Doch auch Mädchen und Jungen im Schulalter haben nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten, wenn ihre Rechte verletzt werden.

Lebenswelt des Kindes

Umgebung & Berührungspunkte

Zuhause
Einen Großteil ihrer Zeit verbringen Kinder zuhause und in der Schule. Daher sind die Eltern oder Personen, die die Vormundschaft übernehmen, die wichtigsten Bezugspersonen. Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Eltern und Kind ist eine elementare Basis, um die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und es zu schützen.

Schule
In der Schule hingegen sind die Lehrerinnen und Lehrer der Kinder bedeutsame erwachsene Bezugspersonen. Es zählt zu ihrem Aufgabenbereich, die Kinder zu unterrichten und ihren Leistungsfortschritt zu beobachten. Doch die Aufmerksamkeit der Lehrkräfte ist ebenfalls gefragt, wenn ein Kind verwahrlost erscheint oder Anzeichen von Misshandlungen oder psychischen Störungen und Belastungen erkennbar sind. Der enge Austausch zwischen Eltern und Lehrkräften ist nicht immer gegeben. Mitunter gestaltet sich die Zusammenarbeit zum Wohle des Kindes daher schwierig. In diesen Fällen ist es sinnvoll, eine Sozialassistenz hinzuzuziehen, die eine engere Bindung zum Kind aufbauen und ihm auf diese Weise helfen kann, über Probleme zu sprechen.

Peergroup
Neben Eltern, Lehrkräften und Sozialpädagogen kommunizieren Kinder ebenfalls häufig mit ihren Freunden. Freundschaften sind für jedes Kind ein essenzieller Bestandteil des Lebens. Einen Höhepunkt erlangt die Bedeutung der Peergroup in der Jugend. Viele Teenager empfinden in dieser Zeit das Band zu engen Freunden sogar als wichtiger als die Verbindung zu den Eltern. Durch gemeinsame Erfahrungen und offene Gespräche unter Freunden wird dieses Band gestärkt.

Probleme, Hürden und Konflikte im Kindes- und Jugendalter

 

Mobbing, Missbrauch und Belästigung, Süchte – erkennen & helfen

 

Leider genießt nicht jedes Kind ein intaktes, liebevolles Elternhaus, einen harmonischen Klassenzusammenhalt bei einfühlsamen Lehrkräften und einen starken Freundeskreis. Dass diese drei Bereiche problemlos ineinandergreifen und sich gegenseitig stärken, ist in den seltensten Fällen realistisch. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass ein Kind früher oder später mit Problemen im sozialen Umfeld konfrontiert wird. Im kleinen Rahmen ist dies absolut normal. Meinungsverschiedenheiten zwischen Freunden oder ein Konflikt mit den Eltern gehören zum Leben dazu und können die Problemlösungskompetenz der Heranwachsenden bei Auseinandersetzungen sogar positiv beeinflussen.

Aufmerksamkeit ist jedoch gefragt, wenn Kinder und Jugendliche mit Themen konfrontiert werden, aus denen sich Probleme entwickeln, die sie nicht ohne Hilfe bewältigen können. In diesen Fällen ist es notwendig, dass Eltern, Lehrkräfte und Freunde der Kinder miteinander kommunizieren und Warnzeichen erkennen. Oftmals finden derartige Ereignisse in einem der drei Bereiche statt. Durch das Erkennen des Vorfalls können die betroffenen Kinder aufgefangen und Hilfsangebote veranlasst werden. Leider werden Kinder und Jugendliche immer wieder mit drei großen Problemfeldern konfrontiert:

Mobbing findet in der Regel innerhalb einer Klassengemeinschaft oder Gruppe von Kindern und Jugendlichen statt. Durch das Angebot der digitalen Medien ist es jedoch schwer, als Außenstehender das Ausmaß des Mobbings zu erkennen, denn die betroffenen Kinder werden nicht nur im direkten Aufeinandertreffen mit Worten oder tätlich angegriffen. Über die Vernetzung via Smartphones und das Internet erhalten die Betroffenen beleidigende, erniedrigende Nachrichten oder es werden private Bilder von ihnen veröffentlicht und zur Schau gestellt. Die Opfer schämen sich häufig und ziehen sich zurück, sodass Eltern und Lehrkräften erst spät bewusst wird, welche Vorgänge im digitalen Hintergrund ablaufen. Viele betroffenen Kinder scheuen sich zudem, aktiv um Hilfe zu bitte, da sie befürchten, die Lage dadurch noch zu verschlimmern. Mobbing beginnt in der Regel mit kleineren Konflikten und Schuldzuweisungen. Der daran anschließende Psychoterror beinhaltet Schikanen, wobei der ursprüngliche Konflikt in den Hintergrund gerät. Die betroffene Person wirkt zunehmend verunsichert und macht Fehler, was zu neuen Angriffen führt kann. Das Kind zieht sich immer mehr zurück, um nicht aufzufallen und keine Angriffsfläche zu bieten. Im schlimmsten Fall resultiert Mobbing beim Opfer in selbstverletzendem Verhalten oder einem Suizid.

 

Woran erkenne ich als Elternteil oder Lehrkraft Anzeichen für Mobbing?

 

  • Blaue Flecken
  • Häufig „verlorenes“ Taschengeld
  • Beschädigte persönliche Gegenstände oder Kleidung
  • Bauch- und Kopfweh
  • Wunsch, zuhause zu bleiben
  • Fehlende Motivation
  • Kind wirkt traurig oder ist nicht so fröhlich, wie gewohnt

Leider erleben viele Mädchen und Jungen in ihrer Kindheit Missbrauch oder sexuelle Übergriffe – oftmals von engen Kontaktpersonen oder Menschen aus dem näheren Bekanntenkreis. Finden derartige Übergriffe im Elternhaus statt, sind es meist Lehrkräfte, die aufmerksam werden und weitere Schritte einleiten.

Kinder, die Missbrauch oder Belästigungen erfahren, reagieren ganz unterschiedlich auf diese traumatisierenden Erlebnisse. Sämtliche unten genannten Symptome können daher lediglich als Hinweise gedeutet werden. Je nach Dauer und Intensität der Erfahrungen wirken sich diese unterschiedlich stark auf das Verhalten des Kindes aus. Nur selten gibt es eindeutige Beweise für die Tat, wie beispielsweise Verletzungen im Genitalbereich. Alle Symptome sprechen jedoch dafür, dass das Kind Probleme hat, über die gesprochen werden sollte.

Typisch für Missbrauchsopfer ist, dass sie sich schuldig fühlen und denken, ihr Verhalten hätte die Tat begünstigt. Es fällt ihnen daher schwer, über das Erlebte zu sprechen, da sie sich schämen. Hinzu kommen (emotionale) Erpressungen durch die Missbrauchenden, die das Kind zusätzlich zum Schweigen bringen.

Wenn du eines oder mehrere der folgenden Symptome bei einem Kind wahrnimmst, solltest du daher hellhörig werden und der Ursache auf den Grund gehen.

 

Anzeichen für Missbrauch oder Belästigung

 

  • Plötzliche Änderungen des Verhaltens: Ängstlichkeit, Aggressivität
  • Leistungsabfall in der Schule, Konzentrationsschwäche
  • Rückzugstendenzen
  • Psychosomatische Symptome: Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Hauterkrankungen
  • Selbstverletzendes Verhalten (Wunden werden versteckt, achte daher auf unpassende Kleidung, zum Beispiel lange Pullover bei sehr warmem Wetter)
  • Essstörungen mit starker Gewichtszu- oder -abnahme
  • Schwänzen der Schule, Ausreißen von Zuhause
  • Griff zu Alkohol, Medikamenten oder anderen Suchtstoffen

Auch Kinder und Jugendliche können bereits ein Suchtverhalten entwickeln und von Drogen, Alkohol oder Medikamenten abhängig werden. Mit dem zunehmenden Konsum von digitalen Medien werden auch regelmäßig Mediensüchte beobachtet. Kinder aus einer suchtbelasteten Familie tragen dabei ein höheres Risiko, ebenfalls an einer Sucht zu erkranken. Auffällig ist, dass Suchterkrankungen häufig andere Krankheitsbilder begünstigen, beispielsweise Essstörungen, ADHS oder Depressionen.

Süchte entstehen häufig als Reaktion auf Stress im Elternhaus – sei es dauerhafter Stress aufgrund von kontinuierlicher Disharmonie und Gewalt oder plötzlich auftretender Stress durch einen Unfall, die Trennung der Eltern oder einen Arbeitsplatzverlust.

 

Anzeichen von Suchtverhalten

 

  • Rückzugsverhalten
  • Essstörungen
  • Selbstwertprobleme
  • Entwicklungsstörungen der Persönlichkeit
  • Aggressivität
  • Verwahrlosung
  • Detailwissen über Alkohol und Drogen
  • Bei Mediensucht: Kontrollverlust, Interessensverlust an anderen Tätigkeiten, Vernachlässigung sozialer Kontakte, Leistungsabfall in der Schule, Übermüdung, Haltungsschäden, Unruhe und Nervosität in Zeiten ohne das Medium

Wie findet Kinderschutz im Alltag statt?

 

Prävention und Reaktion

 

Wenn du bei einem Kind Anzeichen für Mobbing, Missbrauch oder eine Sucht beobachtest, suche zunächst das Gespräch mit dem Kind. Bei Suchtpatienten ist zunächst die nonverbale Bekundung von Sympathie und Aufmerksamkeit sinnvoll. Je nachdem, was das betroffene Kind erlebt hat, wird es ihm schwerfallen, sich sofort zu öffnen. Ein geschützter Raum und eine vertrauensvolle Gesprächsbasis sind daher sehr zu empfehlen. Je eher es den Kindern gelingt, sich zu öffnen, desto schneller und besser kann ihnen geholfen werden. Wichtig ist, dass jedes Anzeichen – und sei es noch so klein – für Missbrauch, Mobbing oder Suchtverhalten ernst genommen wird. Nur so ist es möglich, frühzeitig einzugreifen und die entsprechenden Schritte in die Wege zu leiten.

 

Prävention

 

Damit Kinder vor solchen Erfahrungen geschützt werden, ist eine präventive Erziehung seitens der Eltern und Lehrkräfte sinnvoll und ratsam. Dabei orientieren sich sowohl die Eltern als auch pädagogisches oder medizinisches Personal an den Kinderrechten. Im Alltag geht es darum, die Kinder zu stärken, sie dabei zu unterstützen, sie selbst zu sein und ihre Bedürfnisse zu kommunizieren. Die Kinder lernen durch einen respektvollen und achtsamen Umgang miteinander, dass sie ein Recht auf körperliche Selbstbestimmung haben. Abwertende Kommentare über den Körper eines anderen Menschen, unerlaubtes Anfassen oder Fotografieren sind daher tabu.

Indem Kinder erfahren, dass es sowohl innerhalb als auch außerhalb der Familie jemanden gibt, dem sie sich anvertrauen können, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich ihm bei Problemen und Belastungen anvertrauen.

In der Schule ist die präventive Aufklärung über Drogen und Alkohol ein Anreiz, um über die Folgen zu sprechen und die Kinder dafür zu sensibilisieren. Bei bestehendem Suchtverhalten ist die Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt sinnvoll. Hier erhalten Eltern Adressen und Anlaufstellen für die weiteren Schritte. Lehrkräfte profitieren von Suchtberatungsstellen, die ihnen dabei helfen, die Resilienz der Kinder zu fördern. Die Hilfe und Unterstützung der Betroffenen sollten immer langfristig und präventiv angelegt sein. Daher sind einzelne Projekttage in der Schule zwar interessant, aber stellen für die Kinder langfristig keine Anlaufstelle dar.

 

Erste Maßnahmen

 

Egal, mit welchem Anliegen sich dir ein Kind anvertraut – du solltest die Äußerungen grundsätzlich ernst nehmen. Bevor umfassende Untersuchungen eingeleitet werden oder Organisationen kontaktiert werden, kannst du zunächst mit diesen Maßnahmen reagieren:

 

Bei Mobbing:

  • Selbstbewusstsein stärken
  • Konflikte in Rollenspielen üben
  • Schuld beim Täter sehen

Bei Missbrauch:

  • Vorsichtig nachfragen
  • Gefühl von Sicherheit vermitteln
  • Schuld beim Täter sehen

Bei Sucht:

  • Vertrauensverhältnis sicherstellen
  • Über Suchtstoffe informieren
  • Selbsthilfegruppe aufsuchen
 

Hilfsangebote nutzen

 

Niemand ist bei der Bewältigung eines traumatischen Erlebnisses auf sich gestellt – auch du als Elternteil, Lehrkraft oder Sozialassistenz kannst auf die Hilfsangebote zurückgreifen. Das Personal von Beratungsstellen ist für genau solche Fälle ausgebildet und kann deinem Kind und dir bei der Aufarbeitung hilfreich zur Seite stehen. Fachberatungsstellen, Telefonnummern für das Hilfetelefon oder die Nummer gegen Kummer findest du hier.